„Die Nidder ist ein linker Nebenfluss der Nidda im Bundesland Hessen, Deutschland. Von der Quelle bis kurz vor der Mündung verläuft sie etwa 10 km südöstlich parallel zur Nidda.“ (Quelle: Wikipedia am 21.01.24) Als zugezogener Nidderauer möchte ich den Fluss kennenzulernen, der nur 100m vor meiner Haustür entlang fließt. Anstatt jedoch den Fluss klassisch zu erkunden, entscheide ich mich als Datenanalyst dafür, die Nidder über ihre Daten zu entdecken. Dabei möchte ich gleichzeitig einige Ideen zur Datenanalyse (Statistik) vermitteln.
In zwei Beispielen konnte ich mithilfe unterschiedlicher Analysemethoden zeigen, dass die Nidder im letzten Jahrzehnt um etwa 0,1 °C pro Jahr wärmer geworden ist. Nun stellt sich die Frage, ob sich dieser Trend auch in der Lufttemperatur der Umgebung widerspiegelt. Für diese Analyse verwende ich die App „Climalyser“ von Michael Ohler.
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Zu den Daten
Der Climalyser greift auf Daten von Meteostat.net zurück. Wie auf dem Bild zu erkennen ist, gibt es Temperaturdaten von der nahegelegenen Wetterstation in Altenstadt aus der Zeit vor 1940, während der zweiten Hälfte der 1970er Jahre und kontinuierlich ab etwa 1990. Für die erste Analyse sollen die Daten seit 1991 verwendet und mit denen des letzten Jahrzehnts bzw. letzten Jahrfünfts verglichen werden.
Zusätzlich nutze ich für den Fluss Nidder wieder die frei zugänglichen Daten vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie.
Wie der Climalyser arbeitet
Der Climalyser analysiert die Daten auf Wochenbasis und filtert dabei die jährlichen Temperaturschwankungen (Sommer-Winter) heraus. Die verbleibenden Schwankungen werden anschließend auf Trends untersucht. In der rechten Abbildung ist ein Beispiel für den herausgefilterten Jahresverlauf der Temperatur und in der unteren Abbildung die Variation vor und nach dem Rausrechnen dargestellt. Die farbigen Bereiche zeigen die Konfidenzintervalle. Ein nützliches Feature der App ist, dass fehlende Daten im Vorfeld deutlich visualisiert werden, sodass diese wichtige Information nicht selbst überprüft werden muss. Die Auswirkungen fehlender Daten auf die Ergebnisse habe ich in diesem Beitrag im Abschnitt "Der erste Blick auf die Daten" skizziert. Der Climalyser ist jedoch durch seine Methodik weitgehend gegen solche Probleme gefeit.
Das sind die Ergebnisse für Altenstadt
Bei Betrachtung der Daten von 1991 bis 2023 fällt auf, dass der durchschnittliche jährliche Temperaturanstieg relativ gering ist. Die niedrigen p-Werte weisen darauf hin, dass diese Ergebnisse statistisch signifikant sind und einen echten Trend zeigen. Allerdings sollte man die Ergebnisse für die Abend- und Nachtstunden mit Vorsicht genießen, da die Daten bis einschließlich 2013 größere Lücken aufweisen.
Tageszeit | Temperaturanstieg | p-Wert |
|---|---|---|
03:00 | 0,026°C ± 0,004°C | 0,00 |
09:00 | 0,012°C ± 0,005°C | 0,02 |
15:00 | 0,019°C ± 0,006°C | 0,00 |
21:00 | 0,02°C ± 0,01°C | 0,06 |
In der eingegrenzten Periode von 2014 bis 2023 zeigt sich, dass der mittlere Temperaturanstieg während des Tages größer ausfällt. Tagsüber ist die Erwärmung statistisch signifikant, während sie in der Nacht kaum erkennbar ist.
Tageszeit | Temperaturanstieg | p-Wert |
|---|---|---|
03:00 | 0,02°C ± 0,02°C | 0,28 |
09:00 | 0,07°C ± 0,02°C | 0,01 |
15:00 | 0,07°C ± 0,03°C | 0,01 |
21:00 | 0,04°C ± 0,02°C | 0,08 |
In der weiter eingegrenzten Periode von 2019 bis 2023 zeigen sich kaum Unterschiede zwischen den Tageszeiten. Die durchschnittliche Erwärmung ist sogar mit ca. 0,2°C pro Jahr deutlich höher als bei den Zehnjahresdurchschnitten. Das bedeutet, dass die Erwärmung in den letzten Jahren nochmal deutlich an Fahrt aufgenommen hat.
Tageszeit | Temperaturanstieg | p-Wert |
|---|---|---|
03:00 | 0,22°C ± 0,06°C | 0,00 |
09:00 | 0,24°C ± 0,07°C | 0,01 |
15:00 | 0,18°C ± 0,07°C | 0,02 |
21:00 | 0,21°C ± 0,06°C | 0,00 |
Dieses Ergebnis veranlasste mich dazu, auch die Temperaturdaten der Nidder erneut zu überprüfen und auf die letzten fünf Jahre zu beschränken. Mit der Analysetechnik (Solver) auf R-Basis, die ich im letzten Beitrag beschrieben habe, konnte ich ebenfalls eine beschleunigte Temperaturerhöhung feststellen. Während der Temperaturanstieg in den letzten 10 Jahren bei durchschnittlich 0,1 °C pro Jahr lag, betrug er in den letzten 5 Jahren durchschnittlich 0,17 °C ± 0,03 °C pro Jahr.
Mein Fazit
Im Kleinen konnte hier das bestätigt werden, was die Wissenschaft bereits seit Jahren im Großen dokumentiert: Es wird wärmer, und die Geschwindigkeit der Erwärmung nimmt in den letzten Jahren deutlich zu. Während vor 10 Jahren ein Temperaturanstieg vor allem tagsüber erkennbar war, ist dieser Effekt inzwischen auch nachts deutlich spürbar.
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